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StartseiteInfothekUrteileVergütungsverlust nach Ablehnung wegen Befangenheit

Das Brandenburgische Oberlandesgericht 12. Zivilsenat hat am 04.05.2020 (Az: 12 W 31/19) beschlossen, dass die Beschwerde des Sachverständigen gegen den Beschluss des Landgerichts Frankfurt zurückgewiesen wird.

Der Sachverständige wurde mit der Erstattung eines Sachverständigengutachtens gemäß des Beweisbeschlusses vom 11.11.2016 beauftragt und hat nach Erstellung desselben eine Vergütung von 4.648,07 Euro erhalten. Im August desselben Jahres hat das Landgericht eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen zu den Fragen und Einwendungen des Beklagten angeordnet, welches der Sachverständige ebenfalls in Höhe von 2.088,85 € vergütet bekam.


Daraufhin haben die Klägerin und die Streithelferin beantragt, den Sachverständigen wegen der Besorgnis der Befangenheit abzulehnen. Diesem Antrag folgte das Landgericht mit Beschluss vom 13.06.2019 und setzte die Entschädigung des Sachverständigen für das erstattete Gutachten und die Stellungnahme auf 0,00 Euro. Als Begründung wird angegeben, dass der Sachverständige in der Stellungnahme gegen die gebotene Objektivität, Neutralität und Distanz verstoßen habe. Dadurch sei sein Gutachten im Prozess unverwertbar geworden. Der Sachverständige habe grob fahrlässig einen Ablehnungsgrund geschaffen, indem er nicht belegte und kränkende Vorwürfe an die Klägerin und die Streithelferin richtete.

Gegen diesen Beschluss hatte der Sachverständige Beschwerde eingelegt und sich verteidigt, da ihn die Klägerseite persönlich und unsachlich angegriffen und wahrheitswidrige Unterstellungen erhoben hätte. Seine Ausdrucksweise sei allenfalls als ungeschickt zu werten.

Diese Beschwerde wurde jedoch zurückgewiesen.

„Ein Sachverständiger handelt grob fahrlässig, wenn er in seinem schriftlichen Gutachten Formulierungen verwendet, die ein subjektives Misstrauen einer Partei in die Unparteilichkeit des Sachverständigen rechtfertigen können“ (Zitat aus dem oben genannten Urteil).

In der Stellungnahme wiederholte der Sachverständige mehrmals Formulierungen ähnlich „schon wieder muss ich die Partei an das Wahrheitsgebot vor Gericht erinnern“, „der wiederkehrenden Leier im Vortrag der Partei von Fehlern im Gutachten ist entgegenzuhalten, dass mindestens 7 Mal die Partei gegen das Wahrheitsgebot vor Gericht verstoßen hat“. Der Sachverständige ging also nicht sachlich auf die Einwände der Klägerin und der Streithelferin gegen sein Gutachten ein und erweckte dadurch den Eindruck, dass er diesen nicht unvoreingenommen gegenübersteht. In weiteren Stellungnahmen verfestigt sich dieser Eindruck durch Formulierungen wie “Unterstellungen und Provokationen“, „perfide Vorgehensweise“ und lässt sich damit auch nicht als ungeschickte Ausdrucksweise abtun.
Der Schriftsatz der Streithelferin lässt auch nicht erkennen, dass der Sachverständige persönlich oder unsachlich angegriffen wurde.

Das Gutachten muss insgesamt neu erstellt werden. Der Sachverständige muss die bereits erhaltene Vergütung voll zurückerstatten.