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StartseiteInfothekUrteilePrivatgutachten erstattungsfähig

Kosten für Privatgutachten können unter bestimmten Bedingungen erstattungsfähig sein

Dem Urteil zugrunde lag ein selbständiges Beweisverfahren vor dem Landgericht Landshut (Az. 41 OH 2312/07). Mit der darauffolgenden Klage gegen einen Fertighaushersteller wollte der Kläger Mangelbeseitigungsarbeiten und Schadenersatz im Zusammenhang mit der Errichtung einer Doppelhaushälfte geltend machen. Die Mängel galten als technisch sehr komplex, wie beispielsweise, ob die Bauweise in thermischer und schalltechnischer Hinsicht den zugrunde zulegenden Baunormen entspricht und Brandschutzvorgaben eingehalten wurden.



Sowohl die Klägerin als auch die Beklagtenpartei ließen ein privates Gutachten erstellen. Zusätzlich wurde auch ein gerichtlicher Sachverständiger bestellt. Das Verfahren endete in einem Vergleich. Die Kosten des Rechtsstreites einschließlich des selbstständigen Beweisverfahrens wurden zu ¾ auf den Beklagten und zu ¼ auf den Kläger verteilt.



Beide Parteien meldeten ihre Parteiaufwendungen inklusive der jeweiligen Kosten für die privatgutachterlichen Tätigkeiten an.
Die Klagepartei legte daraufhin Beschwerde ein und forderte, dass nur ihr Privatgutachten vollständig zu berücksichtigen sei, dass der Gegenpartei jedoch nicht.

 

Die Akte wurde dem OLG München zur Beschwerdeentscheidung vorgelegt:

Grundsätzlich gilt, dass die Kosten eines von einer Partei eingeholten Privatgutachten nur ausnahmsweise als notwendige Kosten des Rechtsstreits anzusehen sind (BGH NJW 2003, 1398 und NJW 2006, 2415; zuletzt BGH JurBüro 2017, 149). Voraussetzungen dafür sind, dass sich das Gutachten auf den konkreten Rechtsstreit bezieht, für diesen in Auftrag gegeben worden ist und wenn der Partei die nötige Sachkunde fehlt, um ihren Anspruch schlüssig zu begründen, sich gegen die geltend gemachten Ansprüche sachgerecht zu verteidigen oder zu einem ihr ungünstigen, vom Gericht eingeholten Sachverständigengutachten gezielt Stellung nehmen zu können.

 

Die Beschwerde wurde vom OLG München als unbegründet gewertet.


Berücksichtigt wurde unter anderem auch der Gesichtspunkt der Waffengleichheit, da die Klagepartei bereits frühzeitig und verfahrensbegleitend eine Sachverständigenhilfe in Anspruch nahm.
Auch das Argument des Klägers, dass der Fertighaushersteller wegen der jahrelangen Erfahrung über die spezielle Sachkenntnis verfügen müsse und deswegen keine privatgutachterliche Tätigkeit erforderlich sei, ließ das OLG München nicht gelten. Es könne nicht unterstellt werden, dass die Beklagte auf die hier sehr fachspezifischen Fragestellungen über ausreichend Fachkenntnis verfüge, um auf Augenhöhe gegen den gerichtlichen Sachverständigen als auch gegen den privat beauftragten Sachverständigen zu argumentieren. Was diese Auffassung ebenfalls unterstützte war, dass sich der gerichtliche Sachverständige ausführlich mit den Ausführungen des Privatgutachtens des Fertighausherstellers auseinandersetzte.

 

Somit galten beide Privatgutachten als erstattungsfähig.