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StartseiteInfothekUrteileKürzungen der SV Vergütung

Falls die Stundenzahl eines gerichtlichen Sachverständigen von Seiten des Gerichts gekürzt wird, muss dies nachvollziehbar begründet werden.


Im vorliegenden Fall (SG Detmold, Beschluss vom 07.07.2021 - S 2 KR 2053/19) ging es um einen medizinischen gerichtlichen Sachverständigen, dessen in seiner Abrechnung angegebene Arbeitsstundenzahl vom zuständigen Kostenbeamten gekürzt wurde. Es ging um die veranschlagte Gesamtstundenzahl von sechs Stunden beginnend mit dem Aktenstudium bis zur Beendigung des Gutachtens. Das zugrundeliegende gerichtliche Verfahren behandelte den Streitfall, wann ein Patient mit Zungenkrebserkrankung nach seiner OP in Vollnarkose aus der stationären Behandlung entlassen werden konnte. Da bei solch einem Eingriff in den Mund- und Rachenraum die Gefahr der Verlegung der Atemwege durch Schwellungen und Nachblutungen gegeben ist, muss der Zeitpunkt der Entlassung sorgfältig abgewogen werden.

Für diese Einschätzung erhält der Sachverständige, wie auch vom Gericht bestätigt, den Stundenlohn der Honorargruppe M2.


Der Kostenbeamte gelangte jedoch zu der Einschätzung, dass der Sachverständige das Gutachten eine Stunde schneller hätte erstellen können. Er verwies auf einen Beschluss eines Landesgerichts, nach dem es bei der Stundenanzahl auf die objektiv erforderliche Zeit und nicht auf die tatsächlich vom Sachverständigen benötigte Zeit ankäme. Nach dem SG Detmold ersetzt dies jedoch nicht die Prüfung im Einzelfall.

Der Kostenbeamte könne "auch nicht einfach seine Einschätzung an die Stelle der Angaben des Sachverständigen setzen."


Das SG Detmold hält fest, dass davon auszugehen sei, dass die Angaben des Sachverständigen über die tatsächlich benötigte Zeit richtig sind. Es fehle auch meist die Möglichkeit der Überprüfung. Ein Anlass zur Nachprüfung bestehe auch nur dann, wenn die angegebene Stundenzahl im Verhältnis zur Leistung ungewöhnlich hoch erscheint. Wenn dies der Fall ist, dann solle dem Sachverständigen aufgetragen werden, eine Darlegung über diese Unstimmigkeit zu verfassen. Inwieweit das Gericht die Notwendigkeit des Zeitaufwandes dann aus eigener Sachkunde beurteilen kann, bleibt seinem Ermessen überlassen. Eine Herabsetzung des berechneten Zeitaufwandes muss jedoch in „rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht stets sorgfältig begründet werden. Die Begründung muss erkennen lassen, welche der von dem Sachverständigen im Einzelnen angegebenen Arbeitszeiten zu lang bemessen sind sowie in welcher Zeit und aus welchen Gründen die Einzelarbeit hätte schneller verrichtet werden können.


Quelle: https://openjur.de/u/2350972.html
Bezug auf Meyer/Höver/Bach, JVEG, 27. Aufl., § 8 Rn. 14.