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StartseiteInfothekUrteileAnforderungen an einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständiger

Im Urteil vom 15.10.2019 (6 A 1256/14) ging es um einen Sachverständigen, der die Vereidigung als öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger begehrte und beantragte, dass die Klägerin (eine IHK) den Ablehnungsbescheid aufheben solle und ihn öffentlich zum Sachverständigen zu bestellen und zu vereidigen.


Der Sachverständige, welcher bereits 25 Jahre bei der IHK B. für ein vergleichbares Sachgebiet öffentlich bestellt war, bewarb sich bei der Klägerin und reichte mehrere Gutachten ein.


Der Erstgutachter kam zu dem Schluss, dass der Kläger oberflächlich vorgegangen sei:

Die Gutachten entsprächen eher stichpunktartigen Diktataufzeichnungen. Ein zusammenhängender Text und fundiertes Gedankengut seien nicht erkennbar. Sämtliche Feststellungen seien technisch nicht begründet oder erläutert worden. Stattdessen sei auf Literaturquellen verwiesen worden. Daher könnten die Gutachten nicht auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Es sei nicht erkennbar, welche Inhalte des Gutachtens aus der persönlichen Feder des Klägers stammten und welche Teilaufgaben er möglicherweise delegiert habe. Unvermeidbare Fachbegriffe würde der Kläger nicht erläutern.


Auch der Zweitgutachter kam zu dem Schluss, dass die Schlussfolgerungen in einem vorgelegten Gutachten schwer nachvollziehbar seien, da wichtige Informationen fehlen würden.


Der Sachverständigenausschuss beschloss daher, dass der Kläger seine besondere Sachkunde nicht nachgewiesen habe. Es wurde angeregt, dass der Kläger zwei weitere Gutachten nachreichen solle, welches für einen technischen Laien nachvollziehbar und von einem Fachmann überprüfbar sei.


Auch die zwei weiteren Gutachten wiesen ähnliche Mängel auf. Der Sachverständigenausschuss hielt es für grundsätzlich möglich, dass der Sachverständige über das nötige Fachwissen verfüge, wenn er seine Art und Weise der Gutachtenerstellung grundsätzlich ändern und den Anforderungen der besonderen Sachkunde anpassen würde. Als der Kläger daraufhin unter anderem ein veraltetes Gutachten einreichte, wurde die Ablehnung seines Antrages vorbereitet.


Bei der Anhörung zur beabsichtigten Ablehnung erklärte der Kläger, dass die Verständlichkeit und Nachvollziehbarkeit der Gutachtenerstellung lediglich ein Unterpunkt in der Sachverständigenordnung sei und nicht überbewertet werden sollte. Er habe die Verständlichkeit an den Wissensstand seiner Auftraggeber angepasst und sei in seiner langjährigen Tätigkeit, auch bei Gerichten, nie abgelehnt worden.


Nach Klageerhebung wurde dem Kläger ein weiteres Mal die Gelegenheit gegeben ein Gutachten einzureichen. Die Beklagte reichte das Gutachten an das Fachgremium einer anderen IHK weiter zur Beurteilung. Dieses kam wiederum zu dem Ergebnis, dass eine besondere Sachkunde des Klägers nicht zu erkennen war.


Der vom Gericht beauftragte Sachverständige kam nach der Analyse von 6 Gutachten aus 7 Jahren zu dem Schluss, dass keine überdurchschnittlichen Kenntnisse vorlägen. Er bemerkte jedoch ebenfalls, dass eine Beurteilung aufgrund der wenigen Gutachten und der bereits kritisierten schwer verständlichen Dokumentationsweise des Sachverständigen schwierig sei. Er sei bei der Bewertung nach der VDI-Richtlinie 3822 vorgegangen, welche auch auf Gutachten aus dem schweißtechnischen Bereich anwendbar sei.


Das Gericht entschied, nachdem auch die Erläuterungen des Klägers angehört wurden, die Klage abzuweisen. Ein Verfahrensfehler sei nicht darin zu sehen, dass die Beklagte sich eines Votums des Sachverständigenausschusses bedient habe. Das Erfordernis des Sachkundenachweises sei nach §5 SVO nicht streng nach normierten Verfahrensabläufen durchzuführen, sondern lediglich ein prüfungsähnliches Verfahren. Die Fähigkeit eines Sachverständigen zur Erstellung von Gutachten hat beim Nachweis der besonderen Sachkunde eine hohe Bedeutung.


Bei der besonderen Sachkunde „handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der Auslegung bedarf“, welcher sich am Regelungsziel des § 36 GewO orientiert. Dieses besteht darin, einen reibungslosen Rechtsverkehr sowie Rechtspflege zu garantieren und dafür Fachleute anzubieten. Durch die öffentliche Bestellung solle eine besondere Qualifikation des Sachverständigen bestätigt werden.


Dem Kläger sei es nicht gelungen, das Gericht davon zu überzeugen, dass er Gutachten nachvollziehbar, nachprüfbar und verständlich erbringen kann. Dies ist jedoch gemäß Sachverständigenordnung Voraussetzung für die öffentliche Bestellung.


Folgende ausgewählte Kritikpunkte an den vorgelegten Gutachten wurden vom Gericht dargelegt:

  • Es fehlen wichtige Angaben über das zu begutachtende Objekt, beispielsweise über die Abdeckung eines Rotor-Hauptlagers, welche sich auf die Möglichkeiten der Schadensursache auswirkt.
  • Die Herleitung des Schadens ist nicht nachvollziehbar.
  • Es fehlen nähere Erläuterungen dazu, warum der Sachverständige von einer Überlastung der Maschine ausgeht. Es werden lediglich die Angaben Dritter wiedergegeben.
  • Es werden Einzelstatements verwendet, welche häufig nur schlecht oder gar nicht belegt sind durch Normen, Fachliteratur etc.
  • Es fehlen Erklärungen und Begründungen, warum und auf welcher Basis der Sachverständige zu der Meinung kommt.
  • Es fehlt der rote Faden in der Argumentationskette.
  • Fachleute können die nicht aussagekräftige Dokumentation zwar aufgrund der eigenen Fachkunde nachvollziehen, jedoch nicht stichhaltig überprüfen. Ein Laie ist mit der Interpretation überfordert.
  • Es wird der Eindruck vermittelt, dass mehrere Untersuchungen ohne konkretes Ziel auf die Schadensteile angewendet worden sind. Bei Auffinden einer „Auffälligkeit“ wird dieses Untersuchungsergebnis dann ohne weiteres Hinterfragen als Schadensursache akzeptiert.
  • Alternative Ursachen werden im Gutachten nicht erwähnt.
  • Es fehlt eine Erklärung, warum eine gewisse Prüfnorm herangezogen wurde.
  • Wenn ein Dokument angefordert, aber nicht erhalten wurde, muss dies im Gutachten erwähnt werden.