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StartseiteInfothekUrteileEine Zertifizierung begründet keinen automatischen Anspruch auf eine öBV

Die Bestellkörperschaft muss den im Rahmen einer Zertifizierung nach DIN EN ISO/IEC 17024 erbrachten Nachweis der Sachkunde nicht als „Nachweis der besonderen Sachkunde“ im Rahmen des §36 GeWO anerkennen. So lautet der Grundtenor einer Entscheidung des sächsischen Oberverwaltungsgerichts aus dem Jahr 2013 (Az 3 A 834/11).


In dem Verfahren begehrte ein zertifizierter Sachverständiger eine öffentliche Bestellung und Vereidigung durch die Industrie- und Handelskammer Chemnitz. Diese bestand darauf, die Fachkenntnisse des Sachverständigen erneut zu prüfen und bezog sich dabei auf die Regelungen in der von ihr erlassenen Sachverständigenordnung.

Der Sachverständige sah die Überprüfung seiner Fachkenntnisse im Rahmen der Zertifizierung als hinreichenden Nachweis seines Sachverstands und führte an, dass auch andere Kammerorganisationen diese anerkennen würden. Nachdem der Sachverständige mehrere Gutachten bei der Kammer eingereicht hatte, kam ein Fachgremium zu dem Ergebnis, dass diese Gutachten eine besondere Sachkunde nicht erkennen lassen. Daraufhin lehnte die Kammer den Antrag auf öffentliche Bestellung und Vereidigung ab.


Der Sachverständige reichte daraufhin Klage ein.

In seiner Begründung führte das Gericht aus, dass der Gesetzgeber in §36 Abs 1 Satz 1 GewO die Begriffe der besonderen Sachkunde sowie der Eignung und deren Überprüfung nicht näher definiert habe. Dies sei auch nicht erforderlich, da die Kammern vom Gesetzgeber beauftrag seien, die Voraussetzungen und Verfahren zur öffentlichen Bestellung und Vereidigung von Sachverständigen in Sachverständigenordnungen zu regeln und bei Bedarf zu konkretisieren.

In den meisten Sachverständigenordnungen wird gefordert, dass der Bewerber über „erheblich über dem Durchschnitt“ liegende Fachkenntnisse verfügen muss, praktische Erfahrung sowie die Fähigkeit nachweist, Gutachten zu erstatten und entsprechende Leistungen zu erbringen. Er muss über einschlägige Kenntnisse des deutschen Rechts sowie über die Fähigkeit zur verständlichen Erläuterung fachlicher Feststellungen und Bewertungen verfügen. Die Kammer kann dabei individuell festlegen, ob Sie diese Vorgaben durch Stellungnahmen fachkundiger Dritter, Prüfungen, die Einreichung von Gutachten etc. ermitteln möchte.


Das Gericht sah bei der Kammer keinen Beurteilungsspielraum, da der Begriff der besonderen Sachkunde gerichtlich voll überprüfbar sei. Die Kammer müsse daher nur beurteilen, ob die Voraussetzungen des §36 Abs. 1 Satz 1 GewO vorliegen oder nicht. Kommt die Kammer, oder ein von ihr beauftragtes Gremium zu dem Ergebnis, dass es Zweifel an der besonderen Sachkunde eines Bewerbers gäbe, so müsse dieser abgelehnt werden. Da es sich bei der öffentlichen Bestellung und Vereidigung um eine gebundene Entscheidung handele, habe die Kompetenz der Prüfer, deren Neutralität oder die Dauer des Verfahrens auch keinen Einfluss auf die Entscheidung des Gerichts. Die Bestellkörperschaft sei auch nicht verpflichtet, die Argumente und Meinungen eines Antragstellers detailliert zu prüfen und im Einzelnen dazu Stellung zu beziehen. Sie muss den Vortrag des Antragstellers lediglich zur Kenntnis nehmen und auf seine sachliche Bedeutung für die Entscheidung überprüfen.


Nach einer erneuten Überprüfung der Sachkunde durch das Gericht, kam dieses zu dem Ergebnis, dass die vorgelegten Gutachten zum Teil fehlerhaft seien und daher die Kammer zu Recht eine öffentliche Bestellung und Vereidigung abgelehnt habe.
Im Grundsatz hat das sächsische Oberverwaltungsgericht damit entschieden, dass zertifizierte Sachverständige keinen Anspruch auf eine öffentliche Bestellung und Vereidigung haben und sich auch nicht darauf berufen können, dass ihre fachliche Qualifikation bereits über eine Zertifizierung nachgewiesen ist und dieser Nachweis von der Bestellkörperschaft anerkannt werden muss. Das heißt, aus einer Zertifizierung lässt sich kein automatischer Anspruch auf eine öffentliche Bestellung ableiten.


Mit seinem Urteil bestätigt das Gericht, dass die öffentliche Bestellung und Vereidigung sowie eine Zertifizierung nach DIN EN ISO/IEC 17024 zwei voneinander unabhängige Verfahren sind, die sich aufgrund ihrer gesetzlichen Verankerung, aber auch anderer Kriterien voneinander unterscheiden. Dies bestätigt auch die derzeitige Umsetzung am Markt. Denn im Gegenzug führt eine öffentliche Bestellung und Vereidigung nicht dazu, dass der öBV Sachverständige einen Anspruch auf eine Zertifizierung nach DIN EN ISO/IEC 17024 hat. Auch hier wäre eine Zertifizierungsstelle gefordert, die nachgewiesenen Kenntnisse und Fähigkeiten eines Antragstellers mit dem von ihr beschiedenen Zertifizierungsprogramm abzustimmen und im Einzelfall weitere Überprüfungen zu verlangen.